CO2-Gesetz: Bergwanderung oder risikoreiche Kletterpartie?

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CO2-Gesetz: Bergwanderung oder risikoreiche Kletterpartie?

Die Mission ist klar: Wir müssen unsere Treibhausgasemissionen auf netto Null reduzieren. So will es die Schweizer Bevölkerung, die am 18. Juni 2023 JA gestimmt hat zum Klimaschutz-Gesetz. Nur welchen Weg wählen wir, um zu diesem Ziel zu gelangen? Am 20.12.23 diskutiert der Nationalrat das CO2-Gesetz und entscheidet damit über den Weg der Schweiz bis 2030. Damit beschliesst er, ob unser Weg zu einer Bergwanderung oder zu einer risikoreichen Kletterpartie wird.

Wer eine anstrengende Wanderung durchführt, sollte gut planen. Wäre schön blöd, wenn der Abstieg plötzlich so schwierig wird, dass das Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Oder dass sogar auf Notfallmassnahmen zurückgegriffen werden muss, was teures Geld kostet. Gute Planung ist die halbe Miete und erspart viele Schwierigkeiten. Denn ein Abenteuer wird unser Weg zu Netto-Null so oder so. Welchen Weg wählt der Nationalrat – die Bergwanderung oder die risikoreiche Kletterpartie? Und beschliesst er auch effektive Massnahmen, die uns zum Ziel bringen?

Das Ziel

Das Ziel ist bereits klar: Bis 2050 muss die Schweiz ihre Treibhausgasemissionen auf netto Null reduzieren. Dies steht im Klimaschutz-Gesetz. Auch ein Etappenziel ist enthalten: Bis 2040 müssen die Emissionen um 75% gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert werden. 

Der Netto-Null-Weg

Das Klimaschutz-Gesetz enthält einige Regeln für den Weg zum Netto-Null-Ziel: Ab 2031 müssen die Reduktionen der Treibhausgasemissionen im Inland erfolgen. Unsere Emissionen im Ausland mit dem Kauf von Zertifikaten zu «kompensieren» ist ab dann nicht mehr zulässig. Die Frage ist jetzt, wie es für die Zeit bis 2031 aussieht.

Das CO2-Gesetz definiert die erste Etappe der Schweiz auf ihrem Weg zu Netto Null: Der Absenkpfad von 2025 bis 2030. Die Zeit drängt – eigentlich sollte das CO2-Gesetz schon längst verabschiedet sein. Doch die erste Version des Gesetzes wurde von der Stimmbevölkerung im Jahr 2021 abgelehnt. Die zuständige Kommission des Parlamentes hat sich an die Arbeit gemacht und legt jetzt eine neue Version vor. Aber für welchen Netto-Null-Weg wird sich der Nationalrat entscheiden? Geht er die sicherere blaue Route, welche die Kommission vorschlägt? Oder entscheidet er sich für den risikoreichen Weg (schwarze Route)? Die Routen unterscheiden sich in der Höhe des Anteils der Emissionen, die im Inland reduziert werden müssen.

Blaue Route (Bergwanderung): Der sicherste Weg wäre, alle Emissionen im Inland zu reduzieren und auf Kompensationen im Ausland bereits ab 2025 zu verzichten. Bis 2030 ist bereits ein grosser Teil des Abstiegs geschafft.

Rote Route (Kletterpartie mittel): Die Umweltkommission des Nationalrates (UREK-N) schlägt einen Mittelweg vor. Höchstens 25% der Emissionen sollen im Ausland kompensiert werden dürfen. Der Weg ist zwar steinig, aber er legt immerhin einen klaren Höchstwert für die Auslandskompensationen vor. 

Schwarze Route (risikoreiche Kletterpartie): Der Ständerat möchte sich aus der Verantwortung ziehen keinen Maximalwert für die Auslandskompensationen festlegen. Doch wer aufschiebt, verliert: Mit der schwarzen Route wird die zweite Etappe zur schwierigen Kletterpartie mit unvorhersehbaren Risiken. Anstatt die Emissionen im Inland zu kompensieren, würde die Entscheidung dem Bundesrat überlassen. Dieser hat schon bekannt gegeben, wie viel der Reduktion er mit Zertifikaten im Ausland «erkaufen» würde: Ganze 33% der Emissionen. 

⚠️ Gute Kondition benötigt in der zweiten Etappe ⚠️ Je gemütlicher die erste Etappe gestaltet wird, desto steiler wird der Abstieg in der zweiten Etappe. Denn plötzlich sind Auslandkompensationen nicht mehr zulässig. Die Umstellung muss rasch erfolgen: Innert eines Jahres müsste die Schweiz die Emissionen um 10% reduzieren. Für die Wirtschaft und Gesellschaft wäre das ein drastischer Einschnitt.

Unser Brief an den Nationalrat:

Zeit, den Volkswillen ernst zu nehmen. Der Nationalrat muss mit einem guten CO2-Gesetz die Schweiz ready machen für 2031! Folgenden Brief schicken wir an den Nationalrat:

CO2-Gesetz: Auftrag der Bevölkerung ernst nehmen

Sehr geehrte Frau Nationalrätin, sehr geehrter Herr Nationalrat

Am 18. Juni hat die Schweizer Stimmbevölkerung das Klimaschutz-Gesetz deutlich angenommen. Das CO2-Gesetz muss den Zielen darin Rechnung tragen. Artikel 3 sollte dahingehend angepasst werden, dass die Treibhausgas-Emissionen vollständig im Inland reduziert werden.

Am 20. und 21. Dezember debattieren Sie über das CO2-Gesetz für die Zeit nach 2024 (22.061). Einer der wichtigsten Diskussionspunkte ist die Inland-Reduktion der Schweizer Treibhausgas-Emissionen.

Fehlende Inland-Reduktionen werden zur Zeit im Ausland kompensiert. Die Wirksamkeit von Auslandkompensationen ist gemäss Studien fragwürdig. Vor allem aber verstossen Auslandkompensationen gegen den Geist des Klimaschutz-Gesetzes. Dieses definiert die Schweizer Reduktionsziele ab 2031 und verlangt, dass diese Ziele in erster Linie durch tatsächliche Emissionsreduktionen erreicht werden (Art. 3 Abs. 1 Bst. a). Das Kompensieren ist nur noch zugelassen, soweit es anders nicht möglich ist (Art. 3 Abs. 4).

Je höher die Emissionen im Jahr 2030 noch sind, desto steiler müssen sie danach fallen, damit die Ziele des Klimaschutz-Gesetzes wie vorgeschrieben im Inland erreicht werden. Um dem Klimaschutz-Gesetz gerecht zu werden, braucht es daher ambitioniertere Reduktionsmassnahmen und ein möglichst hohes Inlandziel für die Zeit von 2025 bis 2030.

Wir bitten Sie deshalb, für Art. 3 des CO2-Gesetzes einen Antrag auf eine vollständige Reduktion der Treibhausgas-Emissionen im Inland zu stellen, oder zumindest der Kommissionsmehrheit zu folgen, die ein Inlandziel von 75 % beschlossen hat. Besten Dank.

Mit freundlichen Grüssen
Oliver Depp, Geschäftsleiter Verein Klimaschutz Schweiz
Nina Engeli, Verantwortliche Politik Verein Klimaschutz Schweiz

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